6. Projektionen

6.1 Was sind Projektionen

Projektionen kennt eigentlich jeder, auch wenn nicht jedem bekannt ist, dass zum Beispiel der Schatten, den die Sonne wirft, nichts weiter ist als eine Projektion des entsprechenden Gegenstandes auf den Erdboden.

Genau genommen sind Projektionen nämlich auch nichts anderes als Abbildungen, allerdings werden beim Projizieren zum Beispiel dreidimensionale Gebilde auf eine Ebene abgebildet. Dies ermöglicht es zum Beispiel, dreidimensionale Grafiken auf Bildschirmen darzustellen. Dabei geschieht nichts weiter, als dass die R³-Koordinaten der Grafiken mittels Projektionsmatrizen in eine Ebene projiziert werden. Die Koordinaten in einer Ebene sind dann einfach auf dem Bildschirm darstellbar.

Bei einer Projektion werden also die R³-Koordinaten zu R²-Koordinaten transformiert, was in jedem Fall mit einem Informationsverlust verbunden ist. Zum Beispiel kann die Übersichtlichkeit verlorengehen, die Maßgenauigkeit oder auch ganze Teilgrafiken (zum Beispiel beim Querriss). Allerdings ist es möglich, die Art sowie das Maß der Verluste zu regulieren und an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Arten von Projektionen, welche ich im folgenden beschreiben werde.

6.2 Wie wird ein Gegenstand projiziert

Aufsicht

Im R³ besitzen Gegenstände immer drei Koordinaten, wie zum Beispiel die Kirche K17,3. Um diese nun im R² darzustellen, also zum Beispiel auf dem Bildschirm oder auf einem Blatt Papier, ist es notwendig, die drei Koordinaten x, y und z der Kirche auf zwei Koordinaten a und b zu beschränken. Die Kirchenmatrix müßte also durch Multiplikation mit einer Projektionsmatrix auf die Form K17,2 gebracht werden.
Die einfachste Methode besteht darin, einfach eine der Koordinaten wegzulassen. Allerdings ist der Informationsverlust einer solchen Methode meistens so groß, dass man lieber auf andere Verfahren ausweicht.

Eine weitere einfache Methode besteht darin, die dritte Koordinate zu den beiden anderen Koordinaten zu addieren. Meistens ist es dabei sinnvoll, die dritte Koordinate vor der Addition noch mit einem Faktor kleiner eins zu multiplizieren, da die Projektion ansonsten meistens merkwürdig aussieht.

Formel
Kirche

Wie leicht zu erkennen ist, ist der Informationsverlust einer solchen Projektion geringer als der eines einfachen Querrisses.
Die zu den Projektionen passenden Matrizen können meistens mit Hilfe des Sinussatzes und des Cosinussatzes, oder anderen ähnlichen geometrischen Methoden berechnet werden. Dabei sollte zuerst ein passendes Koordinatensystem gezeichnet und danach die dazugehörige Matrix berechnet werden.

6.3 Schräge Parallelprojektionen

Die im letzten Absatz kennengelernten Projektionen gehören bereits beide zu der Gruppe der schrägen Parallelprojektionen.

Diese Art der Projektion zeichnet sich dadurch aus, dass grundsätzlich zwei der drei Achsen des Koordinatensystems im rechten Winkel zueinander belassen werden, so dass auf jeden Fall eine Ebene parallel projiziert wird. Nur die dritte Achse wird schräg zu den anderen beiden angelegt, so dass die Koordinaten insgesamt schräg auf eine Parallelebene projiziert werden.

Im folgenden werde ich die gängigsten Parallelprojektionen kurz vorstellen, die zugehörige Projektionsmatrix angeben und wenn es angebracht ist die Projektion an der Kirche demonstrieren:

6.3.1 Grundriss, Aufriss und Querriss:

Diese drei Projektionen sind die wohl einfachsten Parallelprojektionen, da immer nur eine Koordinate komplett weggelassen wird. Die Maßstabstreue der Abbildung bleibt bei dieser Methode erhalten.

QuerrissGrundrissAufriss

6.3.2 Kavalierprojektion:

Die Kavalierprojektion ist die wohl am häufigsten verwendete Projektionsmethode. Häufig wird sie auch in den Schulen oder beim einfachen räumlichen Zeichnen verwendet. Die Projektion erfolgt dabei schräg der x-Achse entlang auf die yz-Ebene, wobei die x-Achse verkürzt dargestellt wird. Um eine solche Projektion zu beschreiben ist es möglich, den Winkel α zwischen der negativen y-Achse und der positiven x-Achse, sowie den Verkürzungsfaktor k der x-Achse anzugeben. Gängige Werte sind hierbei
Formel oder Formel.

KoordinatensystemKircheKirche
FormelMit Hilfe des Cosinus und des Sinus werden die x-Komponenten extrahiert und auf y und z aufgeteilt.

6.3.3 Militärprojektion:

Diese Projektionsmethode behält den rechten Winkel zwischen der x-Achse und der y-Achse bei, so dass der Aufriss unverändert bleibt. Die z-Achse wird in einem Winkel von 135° oder 120° zu der x-Achse gelegt und meistens nicht verkürzt, so dass die Längenangaben der Abbildung erhalten bleiben. Der Übersichtlichkeit wegen wird die z-Achse meistens nach oben ausgerichtet.

KoordinatensystemKircheKirche
Formel

6.4 Weitere Projektionsverfahren

Neben den schrägen Parallelprojektionen gibt es auch noch weitere Projektionsverfahren, denn die schrägen Parallelprojektionen haben zwar ihre Vorteile, doch bei genauer Betrachtung auch einige Nachteile. Zum Beispiel werden Kugeln oder ähnliche Körper durch eine schräge Parallelprojektion nur als Ellipsen und nicht als Kreise dargestellt. Um diesen Umstand zu umgehen, der bekanntlich nicht der Realität entspricht, können orthogonale Parallelprojektionen verwendet werden. Deren Besonderheit ist es, dass die Projektionsrichtung immer orthogonal in eine nicht den Koordinatenachsen entsprechende Projektionsebene hinein erfolgt. Dadurch bleibt zum Beispiel die Anschaulichkeit einer Kugel erhalten, da diese als Kreis abgebildet wird. Mögliche orthogonale Parallelprojektionen sind die Isometrie und die Dimetrie. Dabei wird die Dimetrie häufig für Konstruktionszeichnungen verwendet, weshalb sie auch manchmal Ingenieurprojektion genannt wird.

DimetrieAbstandIsometrie

Ein weiterer Nachteil der Parallelprojektionen ist im Allgemeinen die Unanschaulichkeit der entstehenden Bilder. Um nun anschauliche und möglichst realistische Bilder zu erhalten, kann die Zentralprojektion verwendet werden, welche die Bilder perspektivisch darstellt. Diese Projektion wird bekanntlich häufig in der Kunst verwendet, da bei dieser Methode die Bilder so wiedergegeben werden, wie wir sie wahrnehmen. Allerdings gehen bei dieser Art der Darstellung die ablesbaren Maßeinheiten fast vollständig verloren.

Wird ein Gegenstand mit der Zentralprojektion abgebildet, so wird meistens eine Ebene gewählt, von der aus dann alle Linien, welche die Ebene verlassen, auf einen Punkt ausgerichtet sind. Bei perspektivischen Zeichnungen liegt dieser Punkt in der Regel am Horizont.

KircheAbstandKirche

Wenn also etwas dargestellt oder abgebildet werden soll, muss immer entschieden werden, welche Informationen vermittelt werden sollen und welche eventuell nicht von Bedeutung sind. So wäre es zum Beispiel nicht sehr sinnvoll, eine technische Anleitung zum Aufbauen eines Regals perspektivisch darzustellen oder eine Landschaftszeichnung im Aufriss zu zeichnen, welche die Perspektive des Zeichners wiedergeben soll. Und genauso müssen auch zum Beispiel Architekten sich zwischen Anschaulichkeit und Maßstab entscheiden. Meistens ist es dabei sinnvoller, mehrere Abbildungen oder Projektionen anzufertigen, damit möglichst viele Informationen vermittelt werden können.




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